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Das russischsprachige „Vertrauenstelefon“ bleibt weiterhin gefragt …

Das russischsprachige „Vertrauenstelefon“ bleibt weiterhin gefragt …

22.12.2025 712

Bei der Verwendung des Begriffs „Vertrauen“ entstehen im Vorstellungsvermögen der meisten Menschen in der Regel positive Assoziationen: Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Aufrichtigkeit. Es ist das Gefühl, dass sich in der Nähe ein Mensch befindet, auf den man sich in jeder Situation stützen kann und an dessen Loyalität kein Zweifel besteht.

Aus psychologischer Sicht beinhaltet „Vertrauen“ auch eine kognitive Komponente – wir sind von einem Menschen überzeugt, wissen, dass er uns wohlwollend, mit seelischer Wärme begegnet und uns nur Gutes wünscht. In den meisten Fällen sind wir bereit, seinen durchdachten und kompetenten Ratschlägen und Empfehlungen zu folgen und erkennen deren Zweckmäßigkeit in unterschiedlichsten Lebenssituationen an.

Der telefonische Krisendienst für psychologische Soforthilfe, der in vielen Ländern tätig ist, hat die Aufgabe, moralische, emotionale oder spirituelle Unterstützung sowohl einzelnen Personen als auch Bevölkerungsgruppen unabhängig von ihrem sozialen Status zu leisten. Meist geschieht dies in Situationen besonderer Belastung: bei Konflikten, Stress, Depressionen oder in schwierigen Lebenslagen.

In verschiedenen Ländern tragen diese Dienste unterschiedliche Bezeichnungen: „Vertrauenstelefon“, „Lebenslinie“, „Krisenhotline“, „Hotline“, „Hilfetelefon“, „Hoffnung“, „Ausgestreckte Hand“, „Seelsorge“. Die Vielfalt der Bezeichnungen spiegelt ihre breite Zugänglichkeit und Anpassung an die unterschiedlichen Bedürfnisse von Menschen wider, die dringend Hilfe benötigen. Zu den grundlegenden Prinzipien ihrer Arbeit gehören dabei Vertraulichkeit und Anonymität.

In Berlin gibt es zahlreiche Einrichtungen, die die genannten Funktionen der psychologischen Unterstützung und seelischen Hilfe für alle Bürgerinnen und Bürger ohne Ausnahme übernehmen. Dazu gehören unter anderem der Berliner Krisendienst, das Frauenkrisentelefon, der Kinder- und Jugendnotdienst, Berta, TelefonSeelsorge Berlin e.V., das Muslimische Seelsorge Telefon, das Hilfetelefon sexueller Missbrauch, Nummer gegen Kummer…

Unter ihnen nimmt das russischsprachige Telefon Doweria in Deutschland einen besonderen Platz ein.

Es wurde gegründet und wird betrieben mit Unterstützung des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. sowie der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege: +49 30 440 308 454.

Internetseite: https://diakonie-portal.de/

Projektleiterin des russischsprachigen Telefon Doweria in Berlin ist Tatjana Michalak – diplomierte Sozialpsychologin der höchsten Qualifikationsstufe, Absolventin der Fakultät für Psychologie der Staatlichen Universität Sankt Petersburg, Supervisorin sowie Spezialistin für Gruppentrainings und individuelle praxisorientierte Sitzungen im Bereich der therapeutischen Psychokorrektur. Über einige Besonderheiten dieses Projekts berichtet sie im Gespräch.

BERLIN24: Seit vielen Jahren genießt das Projekt Telefon Doweria in Berlin auf russischer Sprache zu Recht einen tadellosen Ruf und große Anerkennung. Und das nicht nur in Berlin. Ist es schwierig, ein so hohes Niveau der telefonischen psychologischen Unterstützung aufrechtzuerhalten?

Tatjana Michalak: Das Telefon Doweria entstand 1999 aus einer einfachen, aber tiefgehenden Idee – niemand sollte mit seinem Schmerz allein bleiben. Wir wollten einen Ort schaffen, an dem jeder Worte der Unterstützung hört, Wärme und Hoffnung spürt, selbst wenn „ringsum Dunkelheit herrscht“. Gerade unter den Bedingungen der Emigration ist es sehr wichtig, in der Muttersprache Unterstützung erhalten zu können. Dieses Projekt wurde möglich durch den Glauben an seine Sinnhaftigkeit sowie durch die Hilfe von Gemeinschaften, Organisationen und Menschen, die unsere Mission geteilt haben.

Ja, es ist nicht einfach, ein hohes Niveau zu halten. Es gibt Schwierigkeiten – organisatorische wie auch finanzielle. Doch uns eint die Überzeugung: Jeder Anruf ist eine Chance, das Leben eines Menschen zu verändern, ihm Kraft und Vertrauen in sich selbst zurückzugeben. Genau das inspiriert uns, trotz aller Hindernisse weiterzumachen. Wir wissen, dass wir eine wichtige Aufgabe erfüllen.

In diesem Zusammenhang möchte ich die umfassende Unterstützung des Beauftragten des Berliner Senats für Angelegenheiten der Russlanddeutschen, Spätaussiedler, Vertriebenen und Geflüchteten, Walter Gauks, sowie die praktische Unterstützung durch die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege und die Förderung durch das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. ausdrücklich hervorheben.

BERLIN24: Wie hat alles begonnen? Was war der eigentliche „Impuls“ für die Gründung eines solchen Projekts?

Tatjana Michalak: Wir alle wurden Zeugen zahlreicher Krisen, Schwierigkeiten und Lebenssituationen von Menschen aus Staaten, die früher zur Sowjetunion gehörten und heute in Deutschland leben – Situationen, mit denen wir auch selbst konfrontiert waren. Sehr häufig stehen Menschen vor Problemen bei der Integration in die deutsche Gesellschaft. Das wiederum kann zu psychischem Unwohlsein und langanhaltenden depressiven Zuständen führen.

Gerade deshalb besteht das Hauptziel unserer Telefonseelsorge darin, Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre Sorgen und Probleme in einer ihnen vertrauten Sprache zu teilen, mögliche Lösungswege zu finden oder zumindest die entstandenen Schwierigkeiten zu „mildern“.

BERLIN24: Was sind die häufigsten Gründe, warum sich Bürgerinnen und Bürger an Telefon Doweria wenden? Lassen sich diese Anfragen irgendwie klassifizieren?

Tatjana Michalak: Die Gründe für Anrufe sind sehr unterschiedlich, aber sie haben eines gemeinsam: Der Mensch befindet sich in einer Situation, in der er Unterstützung und Verständnis braucht. Am häufigsten geht es um Einsamkeit, Gefühle der Isolation, familiäre Konflikte, Probleme in Beziehungen, das Erleben von Verlust, Angst, Depressionen sowie Stress im Zusammenhang mit Emigration und der Anpassung an ein neues Land.

Man kann sagen, dass es sich dabei nicht einfach um „Themen“ handelt, sondern um ein Spiegelbild tiefen menschlichen Schmerzes und des Bedürfnisses, gehört zu werden. Wir teilen Anrufe nicht in „wichtige“ und „weniger wichtige“ ein: Hinter jedem steht eine Geschichte, ein Schicksal, Emotionen. Unsere Aufgabe ist es, dem Menschen zu helfen, Halt zu finden, Hoffnung zurückzugewinnen und zu zeigen, dass er nicht allein ist. Und natürlich verschärfen Spannungen in der Gesellschaft und in der Welt insgesamt die Instabilität der Psyche sowie psychische Erkrankungen und Störungen.

BERLIN24: Gibt es vorhersehbare Faktoren im Jahresverlauf, in der Woche oder im Zusammenhang mit Feiertagen oder Arbeitstagen, die einen deutlichen Einfluss auf die Zu- oder Abnahme der Anrufzahlen in Ihrem Dienst haben?

Tatjana Michalak: Ja, wir beobachten tatsächlich bestimmte закономmäßigkeiten. Die Anzahl der Anrufe kann je nach Jahreszeit, Wochentag und sogar in Abhängigkeit von Feiertagen variieren. Zum Beispiel ist die Herbst- und Winterzeit traditionell belastender: Kurze Tageslichtphasen, Kälte und das Gefühl der Einsamkeit verstärken Angstzustände und depressive Symptome. Auch im Frühjahr steigt aufgrund von Vitaminmangel und der Blütezeit (Allergien) die Zahl der Anrufe im Zusammenhang mit körperlichen und psychischen Beschwerden.

Vor großen Feiertagen wie Neujahr oder Weihnachten nimmt die Zahl der Anrufe ebenfalls zu – es ist eine Zeit, in der Erwartungen an Glück und familiäre Wärme besonders stark mit der Realität von Einsamkeit oder Konflikten kontrastieren. An Werktagen rufen häufiger Menschen an, die unter Stress am Arbeitsplatz oder Anpassungsschwierigkeiten leiden, oder umgekehrt Menschen ohne Beschäftigung. An Wochenenden melden sich häufiger diejenigen, die den Mangel an Kommunikation besonders stark empfinden.

Diese Faktoren helfen uns, unsere Arbeit besser zu planen und auf Belastungsspitzen vorbereitet zu sein, denn hinter jedem Anruf steht ein lebendiger Mensch, der genau in diesem Moment Unterstützung braucht.

BERLIN24: Häufig empfinden Menschen, die psychologische Unterstützung benötigen, es als beschämend oder unangebracht, sich in schwierigen Lebenssituationen an Außenstehende zu wenden. Wie gehen Sie in solchen Fällen vor?

Tatjana Michalak: Das ist tatsächlich ein sehr verbreitetes Problem – viele Menschen glauben, dass es „peinlich“ oder „unangebracht“ sei, um Hilfe zu bitten. Doch wir sagen immer: Um Unterstützung zu bitten ist keine Schwäche, sondern eine Stärke. Es ist ein Schritt, um sich selbst, die eigene Gesundheit und die eigene Zukunft zu schützen.

Wir versuchen zu vermitteln, dass ein Gespräch mit einer Psychologin oder einem Berater kein Eingeständnis des Scheiterns ist, sondern Ausdruck von Selbstfürsorge. Manchmal reicht schon ein einziger Anruf, um Erleichterung zu verspüren, die Situation aus einer anderen Perspektive zu sehen und neue Kraft zu finden, weiterzugehen.

Unsere Fachkräfte arbeiten so, dass sich der Mensch respektiert, sicher und vertraulich behandelt fühlt. Wir bewerten nicht und kritisieren nicht. Wir hören zu und unterstützen. Und es ist sehr wichtig, sich daran zu erinnern: Niemand ist verpflichtet, mit seinem Schmerz allein fertig zu werden. Hilfe in Anspruch zu nehmen ist das Recht jedes Einzelnen.

BERLIN24: Es ist verständlich, dass in solchen „Vertrauensdiensten“ vor allem Menschen arbeiten, die wirklich zuhören und verstehen können. Oft auch solche, die selbst schwierige Lebenssituationen durchlebt haben. Wie ist diesbezüglich die Situation im Projekt Telefon Doweria?

Tatjana Michalak: Sie haben völlig recht: In Vertrauensdiensten arbeiten Menschen, die nicht nur zuhören, sondern wirklich hören – mit Aufmerksamkeit, Wärme und Respekt. Das ist die Grundlage unserer Arbeit. Wir bilden unsere Mitarbeitenden gezielt aus. Der Vorbereitungskurs für Ehrenamtliche dauert sechs Monate und findet ein- bis zweimal im Monat an Samstagen und Sonntagen statt, insgesamt an sieben Wochenenden. Die Teilnahme an der Ausbildung ist vertraglich geregelt. Nach den Basisschulungen folgt eine Einführung in die praktische Arbeit des Telefons der Vertrauenshilfe. Die Ausbildung findet in Gruppen von etwa 16–20 Personen in Form eines Trainings statt. Die Seminare werden von professionellen Trainerinnen und Trainern sowie Psychologinnen und Psychologen des Telefons der Vertrauenshilfe durchgeführt. Der Ausbildungskurs ist für Interessierte kostenlos.

Eine absolute Voraussetzung für die Mitarbeit beim Telefon Doweria ist die Vertraulichkeit. Da die Ausbildung der Ehrenamtlichen eng mit der Praxis verbunden ist, unterschreiben die Teilnehmenden bereits zu Beginn des Kurses eine Verschwiegenheitserklärung. Diese Vereinbarung bleibt auch dann gültig, wenn sich eine Person während des Prozesses entscheidet, nicht weiter am Projekt teilzunehmen.

Für die Mitarbeit in unserem Projekt sind bestimmte Voraussetzungen und Fähigkeiten erforderlich. Die Ausbildung und die Tätigkeit sind häufig mit emotionalem und körperlichem Stress verbunden.

Für die Arbeit als Beraterin oder Berater sind besonders wichtig:

Belastbarkeit. Während eines Dienstes müssen mitunter Inhalte angehört werden, die sehr erschütternd sein können, zum Beispiel bei Suizidthemen. Es kann auch vorkommen, dass ein Anruf ein Thema berührt, das für die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter selbst aktuell ist. Nicht immer besteht sofort die Möglichkeit, Kontakt zu einer Fachperson aufzunehmen, die psychologische Unterstützung leisten kann. Da die Arbeit vertraulich ist, müssen diese Belastungen oft zunächst allein getragen werden. Zudem kommen Anrufe von Menschen mit psychischen Erkrankungen vor.

Empathie. Viele Anrufende haben ein anderes Weltbild als die Mitarbeitenden. Manche gehen nicht in einen offenen Kontakt und versuchen, Distanz zu wahren, obwohl sie Hilfe benötigen. Daher ist es wichtig, ruhig zu bleiben – auch dann, wenn eigene Überzeugungen berührt werden. Entscheidend ist die Fähigkeit, sich in die Lage der anrufenden Person zu versetzen und ihre Gefühle zu verstehen.

Selbstwahrnehmung. Beraterinnen und Berater am Telefon der Vertrauenshilfe sind nicht nur Zuhörende, sondern aktive Gesprächspartner. Sie bringen zwangsläufig eigene Erfahrungen in den Dialog ein. In bestimmten Fällen kann dies hilfreich sein, meist ist es jedoch nicht angebracht. Deshalb ist es wichtig, dass die Beratenden ihre eigenen Gefühle kennen und reflektieren können. Wir erwarten, dass jede Person im Ausbildungskurs bereit ist, über sich selbst zu sprechen und Rückmeldungen sowie Kritik von anderen Gruppenmitgliedern anzunehmen.

Teamfähigkeit. Beraten bedeutet nicht, Ratschläge zu erteilen. Beratung am Telefon der Vertrauenshilfe heißt, im Gegenüber eine Persönlichkeit zu sehen und gemeinsam nach einem Ausweg aus der Problemsituation zu suchen. Um dies zu lernen, findet die Ausbildung in Gruppen statt. Gruppenarbeit setzt gegenseitige Hilfe, Unterstützung und konstruktive, kollegiale Kritik voraus.

Offenheit für religiöse Themen. Das Telefon Doweria ist keine konfessionelle Organisation. Dennoch möchten manche Anrufende über Glaubens- und Religionsfragen sprechen. Wir erwarten von unseren Mitarbeitenden keine religiösen Fachkenntnisse, wohl aber Toleranz gegenüber Religiosität und Respekt vor dem Glauben anderer Menschen – auch dann, wenn dieser dem eigenen Weltbild widerspricht.

Bereits in der zweiten Hälfte des Ausbildungskurses absolvieren die Teilnehmenden eine Praxisphase mit erfahrenen Mentorinnen und Mentoren. Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung und der anschließenden Praxis können die Ehrenamtlichen eigenständig Dienste übernehmen.

Für aktive Ehrenamtliche führen wir monatliche Supervisionen durch. Die Konfrontation mit schweren Lebenssituationen führt häufig zu psychischem sogenannten „Burnout“. Die Supervisionen dienen dazu, unsere Mitarbeitenden davor zu schützen.

Darüber hinaus bieten wir das ganze Jahr über Fortbildungen an. Wenn entsprechende Fördermittel oder Sponsorengelder zur Verfügung stehen, organisieren wir auch externe Trainings. Diese ermöglichen ein intensiveres Eintauchen in bestimmte Themen und deren vertiefte Bearbeitung. Externe praxisorientierte Seminare sind besonders wertvoll, da sie die Gruppendynamik stärken und damit auch die Motivation der Mitarbeitenden erhöhen.

BERLIN24: Was sind die charakteristischsten Besonderheiten von Telefon Doweria auf Russisch?

Tatjana Michalak: Die wichtigste Besonderheit des russischsprachigen Telefons der Vertrauenshilfe ist die Möglichkeit, über das Wesentliche in der Muttersprache zu sprechen – ohne Barrieren und ohne Angst, missverstanden zu werden. Für viele unserer Anrufenden ist das nicht nur eine Frage der Bequemlichkeit, sondern eine lebenswichtige Notwendigkeit: In einer Krisensituation fällt es Menschen leichter, Gefühle und Schmerz in ihrer Muttersprache auszudrücken.

Darüber hinaus berücksichtigen wir kulturelle Besonderheiten, Traditionen und Werte, die unseren Menschen vertraut sind. Das hilft, eine Atmosphäre des Vertrauens und des Verständnisses zu schaffen, in der sich jemand „zu Hause“ fühlt, auch wenn er sich weit entfernt von seiner Heimat befindet.

Eine weitere einzigartige Eigenschaft ist, dass wir rund um die Uhr arbeiten, denn Krisen halten sich nicht an Uhrzeiten. Menschen können jederzeit anrufen – und eine unterstützende Stimme hören. Das ist besonders wichtig für Menschen mit psychischen Erkrankungen, wenn ärztliche Praxen bereits geschlossen sind. In solchen Momenten helfen wir, psychische Spannungen zu lindern, Verschlimmerungen zu verhindern und das Gefühl von Sicherheit zurückzugeben.

Es ist wichtig zu betonen, dass es in Deutschland keine weiteren vergleichbaren Projekte auf Russisch gibt. Das macht unsere Aufgabe noch bedeutsamer: da zu sein, wenn es besonders schwer ist, und Hoffnung zu geben für diejenigen, die sich allein fühlen.

BERLIN24: Die Praxis zeigt, dass durch telefonische psychologische Soforthilfe häufig seelische Leiden gelindert, emotionale Spannungen reduziert und Menschen in ein normales Leben zurückgeführt werden können. Wie sehen in diesem Zusammenhang die „Endergebnisse“ von Telefon Doweria aus?

Tatjana Michalak: Für uns sind die „Endergebnisse“ in erster Linie Menschen, denen es hier und jetzt besser geht. Wir arbeiten rund um die Uhr und streben in jedem Gespräch drei zentrale Ziele an: die akute Krise zu entschärfen, das Sicherheitsgefühl wiederherzustellen und – falls notwendig – den Menschen an weiterführende Hilfe (medizinische oder soziale) anzubinden. In der Praxis bedeutet das, dass wir während des Gesprächs eine emotionale Entlastung erreichen, gemeinsam einen kurzen Sicherheitsplan entwickeln und Schritte für die Zeit nach dem Anruf besprechen. Wenn erforderlich, verweisen wir behutsam und verantwortungsvoll an spezialisierte Dienste.

Wir führen regelmäßig anonyme Analysen der Anrufe durch, ohne personenbezogene Daten offenzulegen. Besonders wichtig sind für uns Anrufe, bei denen das Gefühl der Ausweglosigkeit bis zum Ende des Gesprächs deutlich abnimmt. Bei den meisten Menschen sinkt während des Telefonats das Suizidrisiko und der seelische Schmerz, und der Effekt hält in den darauffolgenden Wochen an – ein klarer Hinweis darauf, dass ein rechtzeitiges Gespräch den Verlauf einer Krise verändern kann.

Ein zentraler Pfeiler unserer Arbeit ist die Reduktion von Distress und suizidalen Tendenzen im Moment der Kontaktaufnahme sowie der Nutzen weiterer Kontakte. Wir entwickeln unsere Methoden kontinuierlich weiter, um nicht nur das „Hier und Jetzt“, sondern auch die nächsten Schritte der Menschen hin zu stabiler Hilfe besser begleiten zu können. Und schließlich ist unser wichtigster Indikator das Gefühl, dass der Mensch nicht mehr allein ist. Wenn ärztliche Praxen geschlossen sind, wenn die Nacht länger erscheint, als sie ist, gibt es am anderen Ende der Leitung immer eine lebendige Stimme, die hilft, diesen Moment zu überstehen, Spannungen abzubauen und einen „Weg zum Morgen“ zu finden.

BERLIN24: Welche Pläne haben Sie für die nahe Zukunft?

Tatjana Michalak: Derzeit beobachten wir einen deutlichen Anstieg der Anfragen nach psychologischer Hilfe und Unterstützung – aus ganz unterschiedlichen Gründen. Wir tun alles, um für jeden da zu sein, der unsere Hilfe benötigt. Doch es ist offensichtlich, dass der Bedarf an einer Ausweitung unserer Arbeit immer dringlicher wird.

Das lässt sich nicht allein durch das selbstlose Engagement von Ehrenamtlichen realisieren. Es braucht angemessene materielle und finanzielle Ressourcen, um das Projekt zu stärken und noch zugänglicher für Menschen in Krisensituationen zu machen. Die Suche nach solchen Ressourcen ist eine unserer zentralen Aufgaben für die kommende Zeit – neben den bereits definierten Entwicklungszielen. Denn je mehr Möglichkeiten wir schaffen, desto mehr Leben können wir unterstützen.

BERLIN24: Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei dieser wichtigen und gesellschaftlich unverzichtbaren Arbeit!

Tatjana Michalak: Vielen Dank!

Foto: aus dem Archiv von T. Michalak


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